Der Stammbaum der germanischen Götter
Es ist nicht ganz einfach, die ganze Entwicklung und Entstehung der germanischen Götter nachzuvollziehen. Die Aufzeichnungen sind lückenhaft und die Geburtsurkunden müssen wohl bei den verschiedenen Umzügen der Germanen verloren gegangen sein.
Wie bei vielen Göttern, aus anderen Kulturen, war es auch den germanischen Göttern anscheinend möglich, sich selber zu befruchten oder irgendwelche Dinge zum Leben zu erwecken und dann neue Götter daraus zu basteln.
Doch ich will versuchen, den Anfängen so nah wie möglich auf die Spur zu kommen und eine logische Darstellung der Reihenfolgen zu bieten.
Grundsätzlich bestand die himmlische Regierung der Germanen aus drei Geschlechtern. Sie alle gingen aus dem Ur-Chaos Ginnungagap, dem Riesen Ymir und dem Ur-Rind Audhumla hervor.
Zuerst waren die Riesen da und so manches Ungeheuer. Es waren alles hauptsächlich böse Wesen, die am liebsten Naturkatastrophen heraufbeschworen. Sie hatten auch die Macht die Welt zu zerstören. Doch um dies zu verhindern wurden die göttlichen Wanen geschaffen. Die Wanen sorgten für den Ausgleich in der Natur. Sie fungierten als Fruchtbarkeits- und Schutzgötter und waren äußerst friedfertig, erdverbunden und weise. Doch genau das war das Problem. Die Riesen fingen an, ihre eigenen Kinder – die Wanen - zu bekämpfen, da sie deren Konkurrenz in der Natur nicht ertragen konnten.
Noch viel höhere Mächte sorgten dann dafür, dass sich weitere unterschiedliche Linien von Riesen entwickelten. Deren Kinder bekamen irgendwann in den frühen Erbfolgen noch ein Götter-Gen mitgeliefert und es entstanden die göttlichen Asen. Dieses zweite Göttergeschlecht war mutig, tapfer und kriegerisch. Und gehörte wahrscheinlich zu den Urvätern der späteren Könige.
Die Wanen sind unsterbliche Götter. Ihnen kann keiner Schaden zufügen, jedenfalls kein Sterblicher. Ein Wane kann von einem anderen Gott erschlagen werden. Dies ist die einzige Möglichkeit, ihn aus dem Feld zu räumen. Bei den Asen ist das anders. Sie sind sterblich. Nur mit magischen Mitteln können sie sich eine lange Lebensspanne ergaunern. Die Riesen wiederum verfügen über eine unheimlich lange Lebensspanne. Sie sind nicht unsterblich, aber auch nicht so leicht – aufgrund ihrer Größe und Kraft – umzubringen.
Die erste Generation der Riesen und Götter
Der erste Riese – entstanden aus dem Ur-Chaos - war Ymir (oft auch als Aurgelmir-Ymir bezeichnet). Aus dem Schweiß unter seinem linken Arm entstand ein Riesenmädchen und ein Riesenjunge. Die Namen der beiden sind nirgendwo verzeichnet. Der Schweiß quoll aus der Achselhöhle heraus und rann Ymir die Beine entlang. Wahrscheinlich schlug er erschrocken die Beine zusammen und erzeugte auf die Schnelle einen Sohn. Dem gab er den Namen Thrudgelmir. Thrudgelmir wurde der Vater von Bergelmir, (der mit seiner Frau zu den einzigen Überlebenden dieses Riesengeschlechts gehörte).
Die zweite Linie der Riesen entstand aus der Ur-Kuh Audhumla. Indem sie das Eis um sich herum weg leckte, legte sie nach drei Tagen den Riesen Buri frei. Adhumla leckte weiter und nach ebenfalls drei Tagen kam Buris Sohn Bör (auch Borr) zur Welt.
Ymirs Linie begründete das Geschlecht der Frost- und Reifriesen. Buris Linie sorgte für die Entstehung der göttlichen Asen.
Bör heiratete die Riesin Bestla, eine Tochter von Bölthorn. Bölthorn wiederum, war wahrscheinlich ein Bruder Thrudgelmir – aber genau ist das nicht hinterlegt.
Der Stammbaum Odins und seiner Kinder
Aus der Ehe zwischen Bör und Bestla gingen drei wichtige Knaben für die weitere germanische Geschichte hervor. Odin, Ve und Vili wurden die ersten drei göttlichen Asen und Odin der oberste germanische Gott. Ob Vili und Ve je geheiratet und Kinder gezeugt haben, ist auch nicht bekannt. Vielleicht erfahre ich noch etwas darüber, wenn ich Asgard mal einen Besuch abstatte.
Odin jedenfalls war kein Frauenverächter und zeugte einige uneheliche Kinder mit Menschenfrauen, Riesinnen und vielleicht sogar mit einigen Elfen. Wahrscheinlich wurde im Rahmen des Datenschutzes und auch der Unüberschaubarkeit nicht allzu viel darüber niedergeschrieben, aber einige wichtigen Verbindungen sind glücklicherweise überliefert.
Odins Hauptfrau wurde Frigg, die Göttermutter, die alle Menschenschicksale kennt – aber nicht verrät. Es heißt, dass die Ehe der beiden sich recht glücklich gestaltete, obwohl – so sagt man - jeder der beiden auch mal ein bisschen fremd gegangen ist. Jedenfalls bekamen die beiden zusammen fünf Kinder. Balder, übrigens der Lieblingssohn, wurde der Gott des Lichts, der Schönheit und der Reinheit. Alles in allem bekam Baldur nur gute Eigenschaften und man nannte ihn auch den gerechtesten und friedfertigsten aller Götter. (er soll auch unheimlich gut aussehen!!).
Der zweiten Sohn bekam den Namen Höd – der Gott des weisen Sehens. Diese Bezeichnung ist insofern bemerkenswert, da Höd (auch Hödur) von Geburt an blind war. Doch gerade deshalb erkennt er den wahren Wert eines Menschen oder Wesens ohne sich von Äußerlichkeiten ablenken zu lassen. Der dritte Sohn heißt Hermodur und bekam das Amt des Götterboten. Ähnlich wie Hermes bei den Griechen. Bragi wird der vierte Sohn und Gott der Dicht- und Schreibkunst. Bleibt noch Tyr, als letzter Sohn, der zum Gott des Krieges und dem Zweikampf ernannt wird.
Wie bereits erwähnt, hatte Odin zwischendurch auch noch andere Frauen und eine davon war Jörd (im altisländischen bedeutet das "Erde"). Hier liegt vielleicht ein Fehler in der Geburtsurkunde vor – aber es ist nicht auszuschließen, dass Jörd eine Tochter von Odin ist. Da ja aber bei den Göttern vieles erlaubt ist und bestimmt auch seinen wichtigen Grund hat, sollte man sein Augenmerk lieber auf deren wichtigen Sohn Thor lenken. Thor ist der berühmte Gott mit dem mächtigen Hammer. Er wird zum stärksten aller Götter und befehligt das Wetter und die Gewitter. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Vertreiben von gewalttätigen Riesen diese lauten Naturgeräusche verursacht.
Eine dritte Ehefrau wird in Odins Biografie noch erwähnt: Grid, eine Riesin, mit der Odin den Sohn Vidar zeugt. Vidar soll fast so stark wie sein Bruder Thor sein – aber sehr viel schweigsamer.
Damit ist der frisch begonnene Stammbaum der Asen auch schon wieder fast beendet. Von Balder ist bekannt, dass er Nanna heiratete, mit der er den Sohn Forseti zeugte. Wie schon sein Vater, ist Forseti sehr am Frieden und an Gerechtigkeit interessiert und führt die Tradition im Sinne seines Vaters fort.
Auch Thor hat eine Frau gefunden. Sie ist Sif, eine Vegetationsgöttin, und ist hauptsächlich durch ihr goldenes Haar berühmt geworden. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter Trudr, die in den alten Geschichten gerne wegen ihrer außergewöhnlichen Kraft erwähnt wird. Sif soll auch eine heimliche Tochter von Odin sein und war vor der Ehe mit Thor schon einmal verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe brachte sie den Sohn Ull, einen Jagd- und Wintergott mit. Doch auch Thor hatte noch außereheliche Kinder. Mit der Riesin Jarnsaxa bekam er zwei Söhne Magni und Modi, denen später beim Weltuntergang Ragnarök noch eine wichtige Rolle zukam.
Der Stammbaum der Wanen
Von den Wanen (auch Vanen) ist noch weniger über deren Stammbaum überliefert.
Als oberster Göttervater ist Njörd der Begründer des Wanengeschlechts. Er ist der Gott des Meeres, des Windes und des Feuers. Mit seinem unermesslichen Reichtum sorgt er für gute Ernten und einen reichen Fischfang. Eventuell hatte Njörd noch eine Schwester – Nerthus – die Römer sahen in ihr die Mutter Erde. Doch die Wissenschaftler sind sich noch nicht ganz einig über ihre Existenz und ihre Bedeutung.
Njörd heiratete die Riesin Skadi. Eine Tochter des Frost- und Sturmriesen Thiazi. Sie ist die Göttin der Jagd und des Winters Die beiden bekamen die Zwillinge Freyr und Freyja. Freyr ist der Gott des Himmelslichtes, der Wärme, des Friedens und der Fruchtbarkeit und Freyja ist die Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit. Von Freyja ist nicht bekannt ob sie jemals geheiratet hat, aber Freyr heiratete wie sein Vater schon, eine wunderschöne Riesin namens Gerda.
Die Ehe zwischen Njörd und Skadi war nicht besonders glücklich, denn Njörd liebte das Meer und die Wasservögel und Skadi fühlte sich nur im Gebirge bei den Wölfen wohl. Sie vereinbarten jeweils neun Tage am Lieblingsort des anderen zu wohnen, aber auf Dauer fühlte sich keiner so recht glücklich dabei. Irgendwann trennten sich die beiden im Guten und jeder ging seiner Wege.
Loki und die Mächte des Dunklen
Loki ist ebenso wie Odin einer der wichtigsten Götter bei den Germanen. Er ist der Gott des Feuers und der List und ein Gestaltenwandler, der es mit der Wahrheit nicht ganz so ernst nimmt. Loki stammt aus reiner Linie dem Riesengeschlecht Ymirs ab. Seine Eltern sind die Riesin Laufey, die sich wohl gerne als Gärtnerin betätigte und der Riese Farbauti, der sich durch wilde Schlägereien einen Namen machte.
Loki wurde durch die Blutbrüderschaft mit Odin zu einem der zwölf Hauptgötter der Asen. Loki heiratet die liebreizende Riesin Sigyn, die ein Sinnbild der ehelichen Treue ist. Dies wiederum kann man von Loki nicht gerade behaupten. Sigyn und Loki haben die beiden gemeinsamen Riesen-Kinder Narfi und Vali.
Loki konnte aber auch die Finger von der Riesin Angurboda nicht lassen. Dieser Verbindung entstammen drei furchtbare Kinder. Hel, die als Todesgöttin in die Unterwelt verbannt wird. Fenrir ist ein riesiger Wolf und Jörmungard ist die riesige Midgardschlange. Durch Fenrir und Jörmungard fühlten sich die Asen extrem bedroht und warfen Jörmungard in den Ozean, wo sie seitdem, sich selber in den schwanzbeißend, ganz Midgard umringt. Fenrir war die noch größere Bedrohung und deshalb wollten die Götter ihn unter direkter Beobachtung in Asgard haben. Die wirkliche Gefährlichkeit des grausigen Trios zeigt sich zu Ragnaröck – der letzten Schlacht.
Vereinzelte Stammbäume von Riesen und Zwergen
Es tauchen in den alten Geschichten immer mal wieder bruchstückhafte Stammbäume der Zwergen und Riesen auf. Ich werde weiterforschen und meine Ergebnisse hier anhängen.